Fischer oder Tourist?
Ein Tourist schlendert die sonnige Hafenküste entlang.
Da erblickt er einen Fischer, der entspannt in seinem Boot liegt und auf das herrliche Meer hinaus blickt.
Fragend wendet er sich an den Fischer: „Sie werden heute einen guten Fang machen, warum fahren sie nicht hinaus?“ Der Fischer antwortet: „Ich bin heute Morgen bereits ausgefahren.“ Neugierig hakt der Tourist nach: „War der Fang gut?“
„Er war so gut, dass ich nicht noch einmal auszufahren brauche. Ich habe vier Hummer in meinen Körben gehabt, fast zwei Dutzend Makrelen gefangen. Ich habe sogar für morgen und übermorgen genug“, antwortet der Fischer.
Der Tourist setzt sich auf den Bootsrand: „Ich will mich ja nicht in Ihre persönlichen Angelegenheiten mischen aber stellen Sie sich mal vor, Sie führen heute ein zweites, ein drittes, vielleicht sogar ein viertes Mal aus, und Sie würden drei, vier, fünf, vielleicht sogar zehn Dutzend Makrelen fangen. Stellen Sie sich das mal vor!“
Der geschäftstüchtige Tourist fährt fort:
„Wenn Sie täglich mehrfach ausfahren, dann würden Sie sich in spätestens einem Jahr einen Motor kaufen können, in zwei Jahren ein zweites Boot, später könnten Sie vielleicht einen kleinen Kutter haben und viel mehr fangen - eines Tages würden Sie zwei Kutter haben, später einmal die Lachsrechte erwerben und Ihre Ware ohne Zwischenhändler direkt nach Paris exportieren und dann... dann könnten Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in der Sonne dösen - und auf das herrliche Meer blicken.“
Mich regt diese (hier stark gekürzte) Anekdote von Heinrich Böll aus dem Jahre 1963 zum denken an.
Doch ich stelle fest, dass weder nur das Eine noch nur das Andere sinnvoll für mich wäre. Das echte Leben ist facettenreich:
Wo, im Kontinuum zwischen 'Fischer' und 'Tourist / Geschäftsmensch' siehst du dich zur Zeit?
Wann lebst du den Moment und wann denkst du an das Morgen?
Gehst du voll in deiner Arbeit auf oder trennst du lieber zwischen 'Leben' und 'Arbeit'?
Woran spürst du, dass du eine der beiden Seiten vernachlässigst?
Wie ist es für dich möglich, sowohl den Fischer als auch den Touristen in dir glücklich zu machen?
Rock on!
Marc
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